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auf der Homepage von Ruth und Frank Effertz

6. KANN THERESE UNS BETEN LERNEN / LEHREN HELFEN?

Gott sehnt sich nach unserer Liebe. Diese Erkenntnis wird zum wesentlichen Motiv für Therese. Entsprechend versteht sie ihre Aufgabe darin, Gott zu lieben und Gott lieben zu lehren. Ca. 2½ Monate vor ihrem Tod sagt Therese selbst vorausblickend über ihre posthume Sendung: "Ich fühle, daß ich in die Ruhe eingehen werde ... vor allem aber fühle ich, daß meine Sendung anfangen wird, meine Sendung, den lieben Gott so lieben zu lehren, wie ich Ihn liebe, den Seelen meinen kleinen Weg zu zeigen."

Auch uns sollte es vorrangig darum gehen, Gott zu lieben bzw. lieben zu lehren. Das allein ist das Entscheidende, dann wird das Beten hinzugeschenkt. Denn das Gebet ist Ausdruck der Liebe. Die Beziehung ist das wesentlichste Element des Gebetes. Diese Beziehung hat viele Nuancen.

Therese lebt in inniger Vertrautheit mit Gott. "Sie zeigt, wie spannend und bezaubernd es ist, in der Intimität Gottes zu leben." Ihre liebevolle Beziehung zu Jesus äußert sich z.B.auch in Zärtlichkeiten (z.B. mit Rosenblättern seine Wunden berühren) und Kosenamen ("Viel-Geliebter"). Aus ihrer Familiarität mit Gott heraus entdeckt sie wieder das göttlichen Du. So kann "Therese von Lisieux [...] helfen, die Rede von Gott wieder zur Anrede eines Du werden zu lassen."

Thereses Vertrautheit mit Gott kann uns zum Vorbild sein. Papst Johannes Paul II. weist 1980 bei einer Predigt in Lisieux darauf hin, daß Thereses Botschaft des Vertrauens und ihre Betonung der Vaterschaft Gottes besonders wichtig ist für eine von Ängsten und Vertrauensverlust geprägte Generation. Aus dem Bewußtsein unserer Kindschaft heraus - wie Therese sie neu entdeckt - ist einerseits unsere Hingabe gefordert, andererseits dürfen wir alles von Gott erhoffen. Diese Kühnheit und Angstfreiheit im Umgang mit Gott sollte auch uns prägen. "Therese mit ihrem 'Weg der heiligen Kindheit' führt die Menschen in ein tiefes Vertrauen zu Gott." Denn Therese lebt in einem unbändigen Vertrauen, sich ganz auf Gott verlassen können. Ihr Gott ist kein Gott der Furcht, sondern der bedingungslosen Liebe. Selbst als großer Sünder braucht man keine Angst vor ihm zu haben, sondern darf (und soll!) sich vertrauensvoll in Gottes Arme werfen. So entdeckt sie die Barmherzigkeit Gottes.

Es ist vor allem das Gebet, was Therese zu ihrer Größe verhilft: "Das Gebet war für sie die wichtigste Waffe." Therese glaubt fest an die unbesiegliche Macht des Gebetes, das die Welt aus den Angeln heben kann. Gerade diese Gewißheit ist heute wohl vielen abhanden gekommen - der Verlust dieser Gewißheit hat wohl viel mit der Krise des Gebetes zu tun.

Therese gibt in ihren "Selbstbiographischen Schriften" keine methodischen Anweisungen für das Gebet. Vielleicht besteht ihre Methode gerade in der Methodenlosigkeit bzw. der Ungebundenheit an Methoden? "Wir könnten an Thérèse neu erfahren, daß alle Gebetsmethoden nur den Sinn einer neutralen Einübung haben; sie können die personale Hingabe an Gott nicht ersetzen. Echtes Gebet ist ohne diese personale Hingabe nicht möglich, weil diese unaufgebbar zum Wesen des Gebetes hinzugehört."

Therese sucht Unmittelbarkeit in der Beziehung zu Gott: So wählt sie Jesus selbst als ihren Seelenführer und bevorzugt erfahrungsoffene Lektüren, die zur Begegnung mit Gott hinführen (so v.a. Bibel).

Therese kann uns die Einfachheit des Gebetes lehren und helfen unser Gebet von unnötigem Ballast (wie schönen Phrasen und Formulierungen) zu befreien. Die Worte sind nicht das Entscheidende. "Die wachsende Liebe verleiht Thérèse die Kraft, alle künstlich aufgebauten Gebetsattrappen beseite zu schieben und zu den Urgründen des Herzens zurückzufinden, aus dem ein Schrei der Liebe zu Gott aufsteigt".

Therese befreit vom Leistungsdenken beim Gebet, vom Zwang möglichst viel zu beten, oder besondere Phänomene dabei zu erleben. Denn das Leistungsdenken ist dem Wesen des Gebets fremd und verfälscht seinen Sinn. Therese betont hingegen den erhabenen, den göttlichen Charakter von Gebeten.

Sie kann darauf hinweisen, daß das eigentliche Ziel des Gebetes die Vereinigung mit Christus und nicht irgendein partikuläres Anliegen ist. Therese sehnt sich nach dem Durchdrungen- und Durchformtwerden von der Liebe Christi. Auf keinen Fall will sie Gott durch ihr Beten zu irgendetwas zwingen oder mißbrauchen, sondern sie kann uns Vorbild der Ergebung in den göttlichen Willen sein. Bei Therese findet sich die Zwei-eine-Haltung des Bittgebetes (vgl. Kapitel 3.6.).  

Therese weiß um die Notwendigkeit, mit Christus vereint zu sein, sie weiß, daß sie getrennt von ihm nichts vollbringen kann. So erbittet sie von Gott, was sie für die Ausbildung ihrer Novizinnen braucht. Auch uns kann sie lehren, zuerst immer die Vereinigung mit dem Herrn zu suchen und sich dann von ihm in den pastoralen Aufgaben führen und stärken zu lassen. Könnte es nicht helfen, all unser Tun und Lehren immer weiter im Gebet vor Gott hinzutragen, unseren pastoralen Dienst betend zu begleiten? Therese ist doch gewiß: "Wenn ich Liebe erweise, so handelt einzig Jesus in mir". Gutting meint deshalb: "Müssen wir noch lange suchen, warum uns oft so wenig Liebe im Leben begegnet? Oder wann bzw. warum unserem missionarischen, apostolischen oder pastoralen Wirken die unerläßliche spirituelle Befähigung fehlt? Therese hat die Ursache eines reinen Aktivismus, des Leerlaufs und der Unfruchtbarkeit unseres Handelns in Kirche und Gesellschaft heute entlarvt."

Für Therese ist das Beten nicht auf die Gebetszeit beschränkt. Ihr ganzes Leben wird - weil sie in der Liebe lebt - zum Gebet. Therese kann uns anregen, auch bei alltäglichen Verrichtungen ständig das Gespräch mit dem Herrn zu suchen. Sie kann uns helfen, Gottes Wirken und Gottes Anruf in den Ereignissen des Alltags und den Worten der Hl. Schrift zu erkennen. Therese ist überzeugt, daß Gott die Menschen führen will und berichtet immer wieder, wie ihr Seelenführer Jesus das anstellt. Häufig "fühlt" Therese ganz einfach, was sie tun soll. Sie macht auch uns Mut, die Weisung des Herrn für unsere konkreten Lebenssituationen zu suchen, zu hören und zu befolgen. Achten auch wir auf die Stimme Gottes in uns und lassen wir uns von ihm den Weg zeigen!

Dazu gehört auch der Mut zu unbedingter Offenheit für die Wahrheit, wie ihn uns Therese vorlebt. Aus der Liebe erwächst ihr Suchen und Ringen um die Wahrheit. Wahrheit wiederum ermöglicht echte Beziehung. In ihren Mitteilungen ist Therese von schockierender Offenheit und Ehrlichkeit, sie steht zu ihrem "Eigensinn".

Therese hat uns ein Beispiel gegeben, die Bibellesung als sakramentale Begegnung mit Christus zu erfahren. Therese regt dazu an, sich in das reale Leben der Menschen, von denen die Bibel berichtet, einzufühlen (vgl. das Kochen der Maria). Die Heilige kann uns in einen vertrauten und lebendigen Umgang mit der Schrift führen, indem sie uns lehrt, die Schrift als Gottes Anruf zu verstehen, und sie danach zu befragen, was sie uns in unsere konkreten Situationen hinein zu sagen hat.

Therese ist überzeugt, daß Gott durch unsere tiefen Sehnsüchte spricht, er hat ihr immer die Wünsche eingegeben, die er auch erfüllen wollte, und wie oft sind diese unermeßlich groß gewesen!. So mahnt uns Thereses Beispiel offen zu sein für unsere tiefen Wünsche Wir sollen unsere Sehnsucht nicht betäuben oder als unerfüllbar deklarieren, sondern sie ernst nehmen und als wichtigen Antrieb begreifen. Trauen wir unseren tiefen, von Gott eingegebenen Sehnsüchten! Gott gibt (nach Therese) keine unerfüllbaren Wünsche ein - so vermessen sie auch erscheinen. 

Therese macht im Alltag viele Erfahrungen mit Gott. Entscheidend beeinflußt ihr Bedenken dieser persönlichen Glaubenserfahrungen ihr Leben und Lehren. Therese "nimmt [...] ihre religiösen Erfahrungen ernst und setzt diese kreativ in ihr geistliches Leben um". Von dieser Erfahrungsorientiertheit können wir viel lernen.

An Therese erkennen wir auch die Wichtigkeit einer - wie auch immer gearteten - christlichen Erziehung: Vater und Mutter hatten in ihrer Jugend eigentlich beide ins Kloster eintreten wollen. "Der Glaube der Eltern Martin war mehr als eine bloße Chiffre für eine moralisch geordnete Familie; sie gaben ihren Töchtern den 'Sinn für das Absolute Gottes und der Ewigkeit mit'. Vorbild und Lehre der Eltern weisen sie auf eine persönliche Beziehung zu Gott hin." Im Hause Martin wurde viel gebetet. Außer Therese treten auch alle ihre überlebenden Geschwister (vier Schwestern) in ein Kloster ein. 

Therese sehnt sich danach bedingungslos geliebt zu werden. Befreiende Erfahrungen der unbedingten Zuwendung sind für Thereses Weg immer wieder wichtig geworden. Die Liebe Gottes kann die Lähmung überwinden, die aus der Spannung zwischen dem hohen angestrebten Ideal und der Wahrnehmung der eigenen Schwäche, dem Zurückbleiben hinter dem Ideal entsteht. Therese kann uns lehren, wachsam zu sein für die Zeichen der Zeit. Obwohl in Thereses Leben vieles an Zeitgeist und Volksfrömmigkeit erscheint, entgrenzt und überschreitet sie deutlich ihre Vorgaben. "Es gehört zum Interessantesten bei der Auseinandersetzung mit theresianischen Texten, die bisweilen filigranen, bisweilen aber auch ganz expliziten Umformungen dieser Vorstellungen [der Frömmigkeit des letzten Jahrhunderts] unter dem Eindruck ihrer persönlichen geistlichen Erfahrung wahrzunehmen."

Können wir nicht auch von Thereses Art der Kritik lernen, alles radikal zu erproben, und dann zu neuen Ufern vorzustoßen? Von Therese werden "Konventionen, Regeln, geistliche Normen und Konzepte [...] nicht argumentativ außer Kraft gesetzt, sie werden radikal ernst genommen und dadurch ausgehöhlt und letztlich auf den Kopf gestellt." Die Autorität dafür hat sie "aufgrund ihrer authentischen und echten Erfahrung, die sie zu größter innerer Freiheit führt".

"Für Theresia bedeutet Beten nicht nur das Einswerden mit Gott, sondern auch das Eintreten für die anderen vor Gott." Gebet ist Ausdruck von Beziehung, und Gebet stiftet Beziehung. Indem Gott Therese in die Liebe zieht, zieht diese wie von selbst alle, die sie liebt, hinter sich her zu Gott. Es kann gar nicht für die anderen ohne Wirkung bleiben, wenn man selbst von der göttlichen Liebe durchdrungen wird. Therese kann uns viel über die Bedeutung der Fürbitte und die Verbundenheit der verschiedenen Glieder der Kirche lehren. Sie ist überzeugt, daß wir einander die Gnaden durch Gebet vermitteln sollen. Dies schafft Gemeinschaft und Mitwirkung am Werk Christi. Im Himmel werden wir dann einst erkennen, welche unserer Gnaden wir dem Gebet eines uns bis dahin vielleicht sogar unbekannten Menschen verdanken. So wird Neid und Eifersucht überwunden, denn jeder verdankt seinen Ruhm dem Gebet vieler anderer. Was für eine schöne Aufgabe könnte es sein, betend einander Gnaden zu vermitteln, wenn wir davon überzeugt wären und alle Eifersucht ablegten.

Immer wieder leuchtet Thereses leidenschaftliche Sucht nach der Verkündigung des Evangeliums, sprich nach Mission auf. "Ihr missionarischer Eifer durchbrach die Grenzen von Raum und Zeit". Therese zeigt uns, wie wir unserem universalen Missionsauftrag auch im stillen Kämmerlein folgen können, denn auch die kleinste Entscheidung für oder gegen die Liebe hat Folgen für das Ganze. Therese ist fest überzeugt, daß alle ihre im Verborgenen geschehenen Akte der Liebe dem Ganzen zugute kommen. Durch eine solche Auffassung sind wir viel stärker zur Verantwortung und zum Mitwirken gerufen. Thereses 'kontemplatives Apostolat' lehrt uns, betend für andere Menschen einzustehen, Gebets- und Arbeitsgemeinschaften zu bilden; so ist Therese der 'kleine Mose', der betend und opfernd den in der Ferne vor Ort kämpfenden Missionar unterstützt. Diese Verwurzelung der Mission im Gebet scheint unerläßlich und hier können wir alle tätig werden. Aus der Liebe erwächst die Mission.

So wird Therese zu recht Patronin der Missionen und mahnt uns, eine wesentliche Seite des kirchlichen Auftrages neu zu durchdenken und in die Praxis umzusetzen. "Der Papst betont [...], daß unserer Generation durch das Zweite Vatikanische Konzil die Gewißheit, von Gott gesandt zu sein, tiefer eingeprägt wurde als alle anderen Wahrheiten über die Kirche. Im kleinen Weg gibt Therese dem Menschen von heute einen Leitfaden an die Hand, die eigene missionarische Sendung zu verwirklichen." 

Therese entdeckt die Liebe als Energie, vom Herz zu den anderen Gliedern der Kirche gesandt diese erst in Tätigkeit versetzt. So schreibt Meisner über den von Therese ausströmenden Segen: "Aus der Klausur von Lisieux gingen geistliche Energien in die Welt zu den Menschen." Camillus Lapauw sieht bei Therese ein heute weitgehend in Vergessenheit geratenes Wissen um die apostolische Wirksamkeit der rein beschaulichen Orden: "Apostolische Fürbitte, stellvertretende Sühne, Kreuzesnachfolge befruchten die Aktionen der Kirche, die sonst allzuleicht in reiner Betriebsamkeit versanden könnten."

Auch Thereses Gebet für Priester könnte uns anspornen (vgl. Hyazinth), gerade in unserer heutigen Zeit, wo es sovielen schwer fällt ihrer Berufung treu zu bleiben.

Thereses Botschaft befreit von jeglichem religiösen Leistungsdenken. Im "Abbau der Werkgerechtigkeit zugunsten einer Gesinnung der reinen Liebe" sieht von Balthasar die "innerste Herzkammer der theresianischen Sendung". Hier kann Therese auch uns zum Leben in der Einfachheit der Botschaft des Evangeliums führen. 

Vor Gott dürfen wir schwach sein, er liebt uns in unserer Kleinheit und Schwachheit. Denn Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Kommt diese Botschaft heute noch an, in einer Zeit der Leistungsgesellschaft, wo die Menschen doch groß und stark sein wollen? "Der kleine Weg ist zuerst immer der Weg Christi in die Armut des Kreuzes hinein. Therese kann Jesus deshalb in aller Armut wiederfinden. Seine Präsenz verwandelt alles."

Therese geht "immer weiter weg von der weltfernen Vertröstungsspiritualität ihrer Zeit und immer näher hin zu einer inkarnierten Spiritualität, zu dem welt- bzw. menschenbezogenen Ansatz des II. Vatikanischen Konzils." Therese findet in der menschlichen Begrenztheit ihre 'Heimat': "Typisch für diese Heilige ist, daß sie gerade in diesen menschlichen Grundgegebenheiten ihren Gott entdeckte, der für sie kein auf einen jenseitigen Himmel eingeschränktes Wesen ist, sondern ein ganz naher, von Liebe zum Menschen durchdrungener, persönlicher Gott."

Im Umgang mit Sünde kann Therese uns ermutigen, uns nicht schamvoll vor Gott verstecken zu wollen, sondern unsere Fehler vor ihn hinzutragen in der Gewißheit, daß Gottes Liebe selbst unsere Sünden zum Guten verwandeln kann, wenn wir sie dem Feuer seiner Liebe anvertrauen.

Ein großes Anliegen Thereses ist die Nachahmbarkeit ihres Weges für alle Menschen. Von dieser Offenheit für alle, diesem Verzicht auf Exklusivität, könnten wir lernen.

Therese hat "die Auffassung der Kirche über Heiligkeit auf ihren evangelischen Kern zurückgeführt". Ihr Weg zur Heiligkeit mit dem Aufzug der Gnade will allen offenstehen (also auch für die 'kleinen Seelen' nachahmbar sein). "Therese zeigt uns sehr deutlich, daß der Heilige vor Gott nicht der Ausnahmefall, sondern der Normalfall ist." Aber wir sollen nicht um uns selbst kreisen. Deshalb mahnt uns Therese  eindringlich, nicht das eigene Streben nach Vollkommenheit und Heiligkeit, sondern die Liebe zu Gott in den Mittelpunkt zu stellen. Denn es geht einzig darum. Gott Freude zu bereiten.

Therese selbst erlebt Trockenheit im Gebet. "Auch wir dürfen unser Gebet nicht von menschlich feststellbaren Erfolgen abhängig machen." Stattdessen könnten wir wie Therese vertrauen, daß Gott ununterbrochen weiter am Werk ist.

Rahner sagt von Therese: "einem Menschen ist sein Tod in der Finsternis als Aufgang des Lichts geglückt im Sieg gegen allen Unglauben und alle Hoffnungslosigkeit." Therese kann uns zeigen, "daß man wirklich mit Jesus sterben kann, die namenlose Verlassenheit entgegennehmend als die bergende Hand Gottes".

Beeindruckend ist Thereses nie abreißende Gottesbeziehung, selbst die Schwachheit, die Verwundbarkeit, die scheinbare Gottverlassenheit trägt sie ins Gebet. Sie ringt mit Gott und lebt ein radikales Festhalten an der Liebe. Therese erfährt die göttlichen Liebe auch in ihren Wunden, sie "erkannte Gott an seinen Zumutungen.". Therese findet die ersehnte Vereinigung mit Gott auch und gerade im Leid. "Kind zu sein, in tiefem Vertrauen mit Gott verbunden zu sein und stellvertretend im Leiden mit Gott vereinigt zu sein machen die 'zeitgenössische' Sendung er kleinen Therese aus." Ihr Ausharren in ihrem Dunkel "stellt sie an die Seite des Herrn in seiner Karfreitagsnacht am Kreuz [...] Der Herr sucht solche Mitgenossen seiner Nächte, um die Menschen ins Licht zu führen. Das scheint er nur seinen Freunden zumuten zu können." Meisner sieht darin eine besondere Berufung der heutigen Kirche, Mitgenosse des Herrn in der Nacht des Kreuzes zu sein.

Therese nimmt ihre Glaubensprüfung an. Selbst angefochten von Unglauben und Verzweiflung solidarisiert sich Therese mit den Atheisten. "Von hierher gesehen, könnte Therese vom Kinde Jesus zur Patronin auch der Atheisten werden." Therese unterweist uns im stellvertretenden Gebet für und der Solidarität mit den Atheisten und Sündern. Denn Gottes Liebe schließt keinen aus. Thereses großes Verdienst ist es die Grenzenlosigkeit der göttlichen Barmherzigkeit neu zu entdecken.

An Thereses Hingabe und Leidensbereitschaft können wir uns ein Vorbild nehmen. Von Balthasar weist darauf hin, daß Thereses "Theologie der Kindheit und die des Leidens deshalb so aktuell ist, weil wir beides am liebsten aus unserem Jesusbild ausklammern möchten". Ihre Theologie der Hoffnung ist aktuell, "weil sie unsere zahlreichen Ansätze zu einer solchen richtigstellt." Nur deshalb kann Therese mit Gott alles hoffen, weil sie gleichzeitig bereit ist, alles Eigene hinzugeben, jeden Willen Gottes, sei er auch noch so hart zu erfüllen.

Von Thereses Radikalität und Entschiedenheit im Leben ihres Glaubens können wir lernen. Glauben und Leben bilden bei ihr eine Einheit. "Alles, was sie schrieb, war durch ihr Leben abgedeckt." Sie hat ihre Lehre existentiell erprobt. Und bevor (bzw. während) sie schreibt betet sie. "Deshalb war ihre Botschaft so durchschlagend und überzeugend. Ihre Schriften sind gleichsam schriftgewordenes Gebet." Durch Gebet und entschiedenes Leben unserer Verkündigung, könnten auch wir heute an Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit gewinnen.

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